• Fastnacht/Karneval im Braunschweiger Land  
     
  Um gleich ein Vorurteil vorweg zu nehmen: Der Karneval ist keine rheinische "Erfindung", sondern seit frühester Zeit überall in deutschen Landen nachweisbar. Wir finden die erste Erwähnung des Kölner Karnevals im Eidbuch des Rates vom 5. März 1341 erwähnt, in Braunschweig hingegen ist der "Schoduvel", ein früher Fastnachtsspaß, bereits im Jahre 1293 nachweisbar. Somit ist die Fastnacht in Braunschweig mehr als 700 Jahre belegbar!  
     
 

In den Jahren 1822/23 wurde der Karneval in Köln zu einem "Festordnenden Komitee" zusammengefaßt. Es war nach der Zeit der Trikolore. Jetzt wurden Vereine gegründet, es entstand bald das Festkomitee. In Braunschweig gründete man 1872 den ersten Verein, die Braunschweiger Karneval-Gesellschaft. Ihr Gründer war der bekannte Kaufmann und Förderer der Wirtschaft Max Jüdel.
Bis es zur Gründung dieses ersten Karneval-Vereins kam, feierte man landauf, landab die närrische Zeit, die bekanntlich am 11. im 11. beginnt und am Aschermittwoch endet. Im Braunschweiger Land, selbst am Hofe, wurde ausgiebig gefeiert.

Eine Einladung in das Hoch-Fürstliche Residenzschloß zu Blankenburg von 1731 zum Carneval belegt das. Die Carnevals-Lustbarkeiten begannen dort am 6. Januar 1731 und gingen bis zum 6. Februar, kontinuierlich, wie es heißt, von 8 Uhr abends bis 2 Uhr nachts. Vierzehn Veranstaltungen gab es während der närrischen Zeit 1731 im braunschweigischen Blankenburg.
Auf dem Lande ging es nicht so gesittet zu wie am Hofe. Die Fastnacht der Jugend, die an den Trinkgelagen, wildem Treiben und tollen Vermummungen nicht teilnehmen durfte, sah am Fastnachtsmontag ihren Scherz darin, von Haus zu Haus, von Gehöft zu Gehöft zu ziehen, um mit allerlei Kurzweil, Wünschen und Sprüchen Gebäck, Wurst, Obst oder auch Geld zu erheischen.
Aus dieser Jugend sind dann die "Jungen Gesellschaften" entstanden, wie wir sie heute in der Gegend am Elm, besonders aktiv in Schandelah, Cremlingen, Veltheim und Destedt erleben dürfen.

 
     
  In der Stadt Braunschweig selbst gibt es heute drei große Karneval-Gesellschaften. Da ist zunächst die schon erwähnte Braunschweiger Karneval-Gesellschaft von 1872 e. V., eine der alten Gesellschaften in Deutschland, dann die 1922 gegründete "Vereinigung der Rheinländer", heute Karneval-Vereinigung der Rheinländer e. V., und die Mascheroder Karnevalgesellschaft Rot-Weiß von 1965 e. V.
Diese drei Gesellschaften schlossen sich 1977 zum Komitee Braunschweiger Karneval zusammen. Gemeinsam ist man stark, sagten sich die Karnevalisten, und so kam es zu mehreren gemeinsamen Großveranstaltungen, insbesondere des inzwischen größten Karnevalzuges in Norddeutschland, der von NDR Fernsehen life drei Stunden lang übertragen wird.
 
     
  Der damalige Oberbürgermeister Gerhard Glogowski war es, der die Anregung für einen "Kinder-Karnevalumzug" gab. Und so zogen 1996 Kindergruppen durch ein Spalier von tausenden Jecken in bunten Kostümen auf beiden Seiten des Altstadtmarktes.
Aus diesen ersten Anfängen ist ein Zug von mehr als 6 km Länge geworden, begleitet von über 60 Kapellen und Musikzügen. Und der Zugmarschall "Hans-Peter Richter" leitet die Närrinnen und Narren durch Braunschweigs Straßen, an denen heute bis zu 280 000 Zuschauer den Zug genießen und ausgiebig feiern.
Karneval ist auch immer ein wenig politisch, nicht nur, daß es in den Büttenreden den Politikern an den Kragen geht, auch sonst gibt man sich weltoffen. So fand beispielsweise am 3. Januar 1990 das erste närrische deutsch-deutsche Gipfeltreffen in Braunschweig statt.
 
     
  Repräsentanten aus Ost und West trafen sich, um über die gemeinsame Zukunft zu diskutieren. Heinz Wacker, damaliger Präsident des Bundes Deutscher Karneval, bedankte sich beim Oberbürgermeister Gerhard Glogowski, der zu diesem Treffen in der Löwenstadt mit beigetragen hatte. "Deutschland einig Varerland" stand dann auch auf einem Prunkwagen beim Karnevalumzug im Februar 1990. Wagen aus Magdeburg und Gommern fuhren im Zug mit, viele Musikanten aus dem Osten spielten flott auf, so, als wenn es immer so gewesen wäre. Tränen der Freude standen bei diesem Zug vielen in den Augen.  
     
  Eine Besonderheit in Braunschweig ist der "Prinzensud", der alljährlich vom Hofbrauhaus Wolters gebraut und am 11. im 11. anläßlich des Funkenbiwaks angestochen wird. Der Braunschweiger Prinz, der kurz vorher im Altstadtrathaus proklamiert wird, darf den Anstich vornehmen. Der Prinz, der von der Karneval-Vereinigung der Rheinländer gestellt wird, hat neben sich den Bauern von der Mascheroder Karnevalgesellschaft sowie den Till Eulenspiegel der Braunschweiger Karneval-Gesellschaft. Alle drei ergeben das Dreigestirn der Stadt Braunschweig. Aber auch die Jugend kommt nicht zu kurz:
Die BKG stellt noch das Kinderprinzenpaar, das dafür sorgt, daß die Jugend den entsprechenden Stellenwert erhält.
 
     
  Und nun geht der Braunschweiger Karneval in die nächste Session. Die Großveranstaltungen in der Stadthalle sind in der Regel schon Monate vorher ausverkauft - Ansporn für die Aktiven, die sich in unzähligen Stunden auf das große Ereignis vorbereiten. Und dabei vergessen die Karnevalisten weder Jugendliche noch die älteren Büger. Jugend- und Altenarbeit werden großgeschrieben. Besuche in Altersheimen, Altentagesstätten und auch in Krankenhäusern sind für Karnevalisten selbstverständlich.
Und für die Jugend hat man stets ein offenes Ohr. Sie ist es, die die Zukunft des ältesten deutschen Volksbrauchtums, des Karnevals, garantiert.
 
     
     
     
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